19. - 21. Februar 2019: Die letzten Tage waren wir wieder im Township Projekt Walk In The Light bei Pietermaritzburg. Wie immer eine intensive Erfahrung aber auch schön, wenn man ein bisschen helfen kann. Am ersten Tag sind wir einkaufen gefahren - Erwachsenenwindeln für die Personen, die nach einem Schlaganfall Bedarf dafür haben. Da Schlaganfälle oft eine Nebenwirkung von Aids sind, gibt es davon im Township einige Menschen, in jeder Alterskategorie.
Wir haben unter anderem mit der Mutter eines 27-jährigen gesprochen, die sich schon seit mehreren Jahren um ihren Sohn kümmert, der einen Schlaganfall hatte, und dafür auch ihren Job aufgeben musste. Ich finde es beachtlich, wie liebevoll sie sich um den Jungen kümmert, ohne sich zu beklagen.
Als wir gerade bei einer Familie zu Besuch waren, wurden wir von einer Sozialarbeiterin der Klinik im Township angesprochen, ob wir nicht eine alte Dame zum Arzt fahren könnten. Da sie nicht gut laufen kann, ist es für sie sehr schwierig zu den öffentlichen Sammeltaxis zu kommen und damit zur Klinik zu fahren, wodurch sie schon seit mehreren Monaten keine Medikamente gegen HIV mehr genommen hat. Sie ist die Nachbarin des Jungen, den wir bei unserem letzten Besuch in die Klinik gefahren haben, ebenfalls weil er seit Monaten keine Medikamente mehr nahm weil er mit seinem Rollstuhl nicht in den Sammeltaxis fahren kann. Erfreulicherweise hatte er aber seinen Arzttermin letzte Woche wahrgenommen und nimmt nun wieder täglich seine HIV Blocker. Ich hoffe, er hält es auch weiterhin durch. Seine Tante ist vor über einem Jahr verstorben und Walk In The Light hatte sich um die Beerdigung gekümmert. Dafür hat die Familie sämtliche Unterlagen (Ausweis etc.) im Original an den Bestatter gegebenen, was auch völlig ok ist. Leider hat sich der Bestatter mittlerweile nach Johannesburg abgesetzt, hat seine Telefonnummer gewechselt und ist nicht mehr erreichbar. Die Originalunterlagen, sowie die ärztlich Bestätigung der Identität und des Todes, hat er nie zurück gegeben und ohne diese Dokumente bekommt die Familie keine Sterbeurkunde. Die Sterbeurkunde ist allerdings erforderlich, um sich legal um die hinterbliebene kleine Tochter kümmern zu können und Waisenrente zu beantragen. Alle bisherigen Versuche, über die Polizei oder Ämter an die Urkunde zu kommen, liefen ins Leere. An unserem letzten Vormittag in Südafrika haben wir uns trotzdem nochmal mit der Oma der kleinen Tochter auf den Weg zum Sozialamt gemacht, um zu hören, ob sie nicht doch die Sterbeurkunde ausstellen können. Nachdem sich auch 2 Stunden nach Türöffnung die Schlange keinen einzigen Schritt nach vorn bewegt hatte, schaffte es Phindile sich und die Oma an der Schlange vorbei zu mogeln und mit einem Beamten zu sprechen. Leider konnte der nicht helfen und schickte uns zurück zum Nachfolger des Bestatters, um dort nochmal zu fragen, ob er vielleicht doch irgendwo die Unterlagen in den Räumlichkeiten findet. Wie zu erwarten, gab es dort keine alten Akten mehr, aber er konnte uns zumindest die aktuelle Telefonnummer des damaligen Bestatters geben. Phindile rief ihn sofort an, erhielt aber nur Ausflüchte und offensichtliche Lügen zur Antwort. Von ihm wird die Oma keine Unterlagen mehr zurück bekommen und die Enttäuschung war der armen Frau ins Gesicht geschrieben. Vielleicht hilft eine eidesstattliche Erklärung bei der Polizei zu den Geschehnissen, um vom Sozialamt doch noch die Sterbeurkunde zu bekommen. Viele Hoffnungen hat Phindile allerdings nicht und ich finde es sehr schade, dass wir hier nicht helfen konnten.
Ansonsten sind es eher die kleinen Dinge, die wir im Township erledigen konnten, einem kleinen Mädchen das aufgeschlagene Knie desinfizieren und verbinden oder bei einer Frau die Gehhilfe wieder reparieren und einen provisorischen Gummipuffer aus altem Reifen und starkem Klebeband anzubringen.
Für die Sozialarbeiterin Phindile sind die Hausbesuche wichtig, um zu sehen, wie es den Menschen geht, ob sie ihre Arzttermine einhalten und Medikamente regelmässig einnehmen. Ohne Auto ist das bei der Grösse des Townships eine unmögliche Aufgabe und um so mehr hoffe ich, dass das notwendige Geld bald zusammen kommt, um einen gebrauchten Wagen zu kaufen, der nicht dauernd den Geist aufgibt, wie der mittlerweile ausrangierte Rover.
Normalerweise ist es recht einfach und problemlos mit den Kindern im Township in Kontakt zu kommen. Sie sind neugierig und freuen sich über ein bisschen Abwechslung, wenn mal Fremde zu Besuch sind. Bei einem kleinen Jungen sind wir aber partout nicht gut angekommen und auch die Oma konnte ihn nicht beruhigen. Keine Ahnung, ob er dachte, wir wären Ärzte und würden ihm eine Spritze geben oder ob er einfach Angst hatte vor unseren Kameras. Aber auch das wegpacken brachte nichts, so dass wir recht schnell zur nächsten Familie fuhren.
Im Township selbst haben wir drei Familien kurz interviewt und mit Phindile und dem Projektleiter Bruce nun alle geplanten Interviews abgeschlossen. Leider konnten wir nicht mit der Krankenschwester in der Klinik über die gesundheitliche Lage im Township sprechen, weil unsere Email-Anfrage bei ihrer Vorgesetzten nie ankam. Aber wir haben auch so viel Material zusammen. Da Robert die Filme dankenswerterweise ohne Aufwandsentschädigung für Siyabonga erstellt, werden sie erst im Sommer fertig sein. Und wie auch schon nach meinem letzten Besuch in 2018 wird es sicher noch eine Weile dauern, bis alle Eindrücke der letzten 3 Wochen verarbeitet sind. Es war toll, die Projektleiter und ihre Helfer wieder zu treffen und trotz den schwierigen Umständen auch immer wieder Fortschritte zu sehen. Aber die Lebensumstände vieler Familien kann man nicht einfach aus dem Gedächtnis verdrängen.
Comments